Prävention Atemwegserkrankungen

Innovative Strategien zur Prävention berufsbedingter Atemwegserkrankungen

Berufsbedingte Atemwegserkrankungen sind von großer sozioökonomischer Bedeutung und verursachen in hohem Maße durch die Sozialversicherungsträger zu leistende Aufwendungen in Form von Präventionsmaßnahmen, Behandlung, Rehabilitation und Renten. Sowohl aus umwelt- als auch aus arbeitsmedizinischer Sicht besteht noch ein erheblicher Bedarf an effektiven (Früh)Diagnose- und Therapiestrategien.

Die Arbeitsgruppe entwickelt innovative Präventionskonzepte bei Beschäftigten mit chronischen Atemwegserkrankungen, die in Branchen mit hoher inhalativer Belastung wie der Metallindustrie und der Landwirtschaft evaluiert werden. Besondere Bedeutung kommt der Analyse möglicher Risikoprofile zu, um geeignete Primärpräventionsstrategien abzuleiten. Auf der Basis der Akten der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften wurden alle in ganz Deutschland zwischen 1990 und 2002 gemeldeten Berufskrankheiten-Verdachtsfälle auf eine allergische Atemwegserkrankung durch Rinderallergen retrospektiv ausgewertet (Cattle allergy study: CAS). Unsere Ergebnisse unterstreichen die hohe sozioökonomische Bedeutung berufsbedingter Atemwegserkrankungen aufgrund des hohen Anteils junger Landwirte mit bereits bestehender Atemwegserkrankung. Atopie scheint einen relevanten Risikofaktor in der Entwicklung eines Rinderasthmas darzustellen. In einem weiteren Schritt wurden erstmals infektimmunologische und molekulargenetische Aspekte untersucht.

Aufgrund des hohen Anteils junger Landwirte mit obstruktiver Ventilationsstörung bedarf es dringend effektiver Früherkennungsuntersuchungen. Derzeit wird ein Früherkennungskonzept unter Berücksichtigung innovativer klinischer Diagnoseparameter an landwirtschaftlichen Berufsanfängern erprobt, mit dem Ziel, anhand geeigneter Parameter noch vor der Manifestation von Krankheitssymptomen ein nach dem persönlichen Risiko gestaffeltes Präventionskonzept initiieren zu können. Als ein geeignetes Mittel der verbesserten Frühdiagnose konnten wir ein Immunoblotverfahren unter Nutzung individuell für den jeweiligen Patienten in unserem Laboratorium hergestellter Extrakte entwickeln.

Die Betreuung von Asthmatikern weist derzeit noch deutlichen Verbesserungsbedarf auf, insbesondere im Hinblick auf einen integrierten Ansatz unter Berücksichtigung klinisch-therapeutischer, arbeitstechnischer und umweltmedizinischer Aspekte. Die Arbeitsgruppe entwickelt daher innovative Konzepte des Wissenstransfers und der integrierten Betreuung, die im Rahmen eines laufenden Projektes in arbeitstechnischer-arbeitsmedizinischer Kooperation erprobt und evaluiert wurden ("interdisziplinäre Reha").

Die aufgezeigten Defizite in der Früherkennung einer Rinderallergie waren Ausgangspunkt weiterer Untersuchungen mit dem Ziel, die Diagnostik zu optimieren. Als ein geeignetes Instrument der in vitro-Diagnostik bei Rinderallergie konnte ein Immunoblotverfahren unter Nutzung des selbst hergestellten Rinderallergenmischextraktes für die Frühdiagnose evaluiert werden. Für die Nutzung einiger der kommerziellen Rinderallergenextrakte konnte ich in Zusammenarbeit mit Professor Dr. Karl-Christian Bergmann vom Allergiezentrum der Charité Berlin neue Erkenntnisse zum diagnostischen Cutoff gewinnen. Üblicherweise wird von den kommerziellen Anbietern ein Cutoff von 0,35 kU/l spezifischer IgE-Antikörper gegen das untersuchte Allergen zur Trennung zwischen "nicht-sensibilisiert" und "sensibilisiert" vorgeschlagen; eine Absenkung des Cutoffs auf  0,2 kU.

Ein Nachteil der herkömmlichen ELISA-basierten kommerziellen Allergennachweisverfahren ist deren Fokussierung auf den quantitativen Nachweis eines Hauptallergens; weitere allergologisch relevante Allergene bleiben bei der Quantifizierung unberücksichtigt. Daraus resultiert eine Unterschätzung der allergenen Belastung in der bepropten Umgebung. Auf der Basis unserer wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Charakterisierung von Rinderallergenen und der Entwicklung des Rinderallergenmischextraktes wurde in Zusammenarbeit mit dem Biotechnologieunternehmen Fassisi GmbH, Göttingen ein Nachweisverfahren auf der Basis des Rinderallergenmischextraktes entwickelt (mit der Universitätsmedizin Göttingen als Lizenzgeber) und für den Einsatz in der landwirtschaftlichen Praxis zum Monitoring der Rinderallergenbelastung in Arbeits- und Wohnbereich erprobt.

Ausgewählte Publikationen